Aus dem Tagebuch einer Kaufsüchtigen

Samstags.
Habe ich ein Date.
Mit mir.
Noch bevor ich mir meine sensationell peinliche Tussnschlafbrille auf die Stirn geschoben habe, befällt mich der innere Zwang:
Ich muss in die Stadt.
Ich brauche ganz dringend….etwas!!
Denn ich bin felsenfest davon überzeugt, dass der ein oder andere Kleiderbügel in meinem dreistöckigen 30qm Ankleidezimmer auch noch locker das achte Kleid kunstvoll übereinandertrappiert vertragen könnte ohne in der Mitte zu bersten. Easy!
Ist mir auch vollkommen wurscht in welcher Stadt ich mich berufstechnisch gerade befinde: Mailand oder Madrid – hauptsache Modemetropole. Konjunkturkrise herrscht schließlich überall.
Und ich tue ja nur Gutes.
Ich bin einfach ein guter Mensch.
Ich bin eine in L´áutre Chose Fransenboots wandelnde Subvention.
Der Welt, versteht sich.
Da ich als OneWalkingWirtschaftswunder für meine Samstagsroute repräsentativ gekleidet sein muss, ist die schier unüberwindbare Hürde des Tages die Frage nach dem konvenablen Outfit. Und DAS, liebe Unwissenden und Unwissendinnen, ist die entscheidende Frage im Leben einer Stilikone!
Denn wer in den einschlägigen Boutiquen dieser Welt in der Sekunde des Ladenschwelleübertretens nicht bereits kompletto in deren aktuelle Kollektion gehüllt ist, hat maximal zwei Optionen um zu Überleben.
Survivorplan, Part One:
Durch Dein Viertklass-Styling bekommst Du bereits beim Öffnen der Glastür zum Couture-Paradies von den trendy Verkäuferinnen eine solch verächtliche visuelle Ohrfeige geschallert, dass es Dich aus dem Laden hinauskatapultiert und Du ihn Dein Leben lang nie wieder betreten wirst (weil Du höchstwahrscheinlich querschnittsgelähmt sein wirst).
Survivorplan, Part Two:
Mit Deinem unterwürfigsten Dackelblick und Deinem gefühlten Last–Last–Last–Season-Outfit klammerst Du Dich an das dünne Bein der Sandy Meyer-Wölden-Gedächtnis-Verkäuferin und versprichst ihr Deinen Dispokredit, samt Seele und Erstgeborenem, wenn sie aus Dir umgehend einen solchen Trendbestseller macht wie aus sich selbst. Ansonsten schneidest Du Dir vor ihren Augen die Pulsschlagadern auf, und tropfst ihr die rosafarbenden Ariela Talon Louboutins voll.
Kauf oder stirb! Anders läuft das nicht als Fashionista!
Ich als Mutter der Theresa der Mode bin da natürlich ganz anders und entscheide mich grundsätzlich für die (eigentlich nicht optionale) Möglichkeit:
Survival Plan, Part Three:
„Sprich mich an und Du bist tot!“
Nur ICH, weiß was ich wirklich dringend brauche an diesem Konjunktur-Samstag, und nur ICH weiß was ich will. Sollte also die 17jährige Wannabe-Modelverkäuferin es wagen mir irgendwelche - auch noch von ihr selbst ausgesuchten - Teile unter die Nase zu halten, und dazu flöten: „Haaach, das ist doch genau Ihr Stil!“ ziehe ich ihr mit dezenter Aggression meine Chloe Heloise Shoulder Bag über den ondulierten Schädel und subtrahiere mich daraufhin alsgleich auf Nimmerwiedersehen. Anmaßende Person!
Das einzige was mich für dieses unverschämte Verhalten entschädigen kann, ist ein Mediumiceblendedchailattesoya und die rettende Ankunft in der Boutique meines Vertrauens. Und wenn ich dann an der Kasse stehe und wohlwollend auf meinen vollbepackten linken Arm voller modischer Kleinigkeiten (nein nein, nicht die "German Kleinigkeit"...) blicke, weiß ich mit befriedigender Sicherheit:
„Mensch, ich kämpfe wirklich unerbittlich gegen Weltwirtschaftskrisen und niederschmetternde Magazintitel wie diese hier:



Meine Damen und Herren:
Den Nobelpreis bitte!!